Dienstag, 13. Dezember 2011

Massensterben in der Geschichte der Erde?

Frage: Wie viele Massenaussterben gab es in der Geschichte der Erde? Von: Martin K.

Antwort: Das Entstehen aber auch das Verschwinden (Aussterben) von Arten sind normale Prozesse, die grundlegend für die Entstehung und Erhaltung der artlichen Vielfalt sind. Dem Aussterben von Organismen kommt dabei eine besondere Rolle zu, denn erst das Verschwinden von Arten ermöglicht es anderen, die freigewordenen Ressourcen (Lebensräume, Nahrung, etc.) für sich zu erschließen. Dies stellt einen wichtigen Prozess bei der Artentstehung dar.
Generell werden zwei Arten des Aussterbens unterschieden: Hintergrund- und Massenaussterben. Hintergrundaussterben ist ein „normaler“ Vorgang – einzelne Arten verschwinden. Dagegen stellt Massenaussterben einen bedeutenden Einschnitt in der Biodiversität dar – zahlreiche Arten verschwinden geologisch betrachtet innerhalb  kurzer Zeit.

In der Erdgeschichte kam es zu 5 großen Massenaussterbeereignissen:

1. am Ende des Ordoviz: endete vor ca. 443 Millionen Jahren und dauerte 3,3 bis 1,9 Millionen Jahre. Etwa 86% aller Arten starben aus. Die Ursache für diesen Verlust wird in einem kurzfristigen Wechsel von Eis- und Warmzeiten und damit zusammenhängenden transgressiven und regressiven Ereignissen (Meeresvorstöße, die zu großflächigen Überschwemmungen führten; Meeresrückzüge, die große Areale frei legten) vermutet.

2. im späten Devon: endetet vor ca. 359 Millionen Jahren und umfasst mehrere kleinere Massenaussterbeereignisse. In einem Zeitraum von 29 bis 2 Millionen Jahre verschwanden 75% aller Arten. Die Ursachen liegen vermutlich in globalen Abkühlungen, die möglicherweise mit der Entwicklung der Landpflanzen, die in sehr kurzer Zeit sehr viel CO2 aus der Atmosphäre aufnahmen zusammenhängen. In dieser Zeit kam es auch zu mehreren Impaktereignissen (Asteroideneinschlägen), deren Auswirkungen aber noch diskutiert werden.

3. am Ende des Perms: endete vor ca. 251 Millionen Jahre. Innerhalb von 2,8 Millionen bis 160000 Jahren starben etwa 96% aller Arten aus. Dies war das bisher größte Massenaussterbeereignis in der Erdgeschichte. Die Ursachen hierfür waren vermutlich vielfältig und umfassen starken Vulkanismus in Sibirien, erhöhte Schwefelwasserstoff- und CO2-Gehalte in der Atmosphäre und den Ozeanen, die zu einer Versauerung der Ozeane führten. Inwieweit Asteroideneinschläge mit zu diesem Aussterbeereignis beitrugen ist unklar.

4. am Ende der Trias: endete vor ca. 200 Millionen Jahre. Innerhalb von etwa 8,3 Millionen Jahren starben etwa 80% aller Arten aus. Ursachen hierfür waren vermutlich globale Erwärmungen und eine Versauerung der Ozeane.

5. am Ende der Kreide: endete vor ca. 65 Millionen Jahre. Innerhalb von 2,5 Millionen Jahren (oder weniger) starben ca. 76% aller Arten aus. Hierfür wird ein Impaktereignis auf der Yucatán-Halbinsel (Mexiko) verantwortlich gemacht, das eine rasche Abkühlung des Weltklimas verursachte. Aber auch andere Ursachen (z.B. Vulkanausbrüche) werden diskutiert.
Ebenfalls wird diskutiert, ob bereits das sechste, diesmal vom Menschen verursachte Massenaussterbeereignis stattfindet.

Beantwortet von Univ.-Prof. Dr. Juergen Kriwet, Professor am Institut für Paläontologie an der Uni Wien.

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